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Prüfungsangst – ein weit verbreitetes und spannendes Thema. Dieses komische Gefühl vor oder während einer Arbeit oder Prüfung. Manche sagen, sie brauchen sogar so eine gewisse Anspannung, weil sie sich dann besser konzentrieren können. Das mag vielleicht so sein.

Allerdings kommt es häufig vor, dass die Prüfungsangst so groß ist, dass viele Kinder und Jugendliche überhaupt nicht mehr denken können, dass sie Ihr Wissen, das sie sich zu Hause angeeignet haben, nicht abrufen können und sie einen sogenannten „Blackout“ haben.

Sie kennen das vielleicht auch von Ihrem Kind und vielleicht ist Ihnen das während Ihrer eigenen Schulzeit, während Ihrer Ausbildung oder während dem Studium auch passiert und Sie spürten durch den Stress eine Leere in Ihrem Kopf.

Prüfungsangst ist Stress für das Gehirn.

Doch woher kommt das? Was passiert im Gehirn?

Wenn Sie sich einmal das Gehirn näher betrachten (oben im Bild schön zu sehen), sieht es fast so aus, wie 4 Stockwerke eines Gebäudes.

Ganz unten im Keller ist das sog. Stammhirn – unsere Technikzentrale. Hier finden alle lebensnotwendigen Dinge statt, wie z.B. die Atmung und der Stoffwechsel.

Darüber befindet sich das sog. Reptiliengehirn. Dieses Teil vom Gehirn haben wir mit den Reptilien gleich. Hier befindet sich der Überlebenstrieb.

Anschließend kommt das sog. Säugetiergehirn mit dem Limbischen System. Das Limbische System ist die Schaltzentrale unserer Gefühle. Hier wird alles gespeichert, was der Mensch erlebt und gelernt hat und hier entstehen auch die Gefühle und Emotionen. Das können sowohl gute Gefühle sein, wenn wir an ein schönes Erlebnis denken, als auch schlechte Gefühle, wenn wir an etwas, das nicht so schön war.

Und über allem befindet sich der Neocortex, das sog. Menschliche Gehirn. Hier findet das bewusste Denken, Planen und Ausführen statt.

Lesen Sie sich die nachfolgende Übung durch und stellen sich das anschließend einmal vor:

Schließen Sie Ihre Augen. Stellen Sie sich eine Obstschale vor, die auf Ihrem Esstisch steht. In dieser Schale liegen Äpfel, Birnen, Bananen und eine schöne gelbe, saftig aussehende Zitrone. Sie nehmen diese gelbe saure Zitrone in die Hand. Spüren Sie die raue Schale, wie sie sich in Ihrer Hand anfühlt. Riechen Sie einmal an der Schale. Vielleicht können Sie sogar den sauren Geruch wahrnehmen. Stellen Sie sich nun vor, wie Sie ein Messer in die Hand nehmen und die Zitrone in zwei Hälften schneiden. Hören Sie das Geräusch, das beim Schneiden entsteht und stellen Sie sich vor, wie der saure Zitronensaft heraus läuft. Nehmen Sie nun eine Zitronenhälfte in die Hand und riechen einmal daran. Vielleicht können Sie den sauren Geruch der Zitrone riechen. Führen Sie nun die Zitronenhälfte zu Ihrem Mund, lecken Sie nun mit Ihrer Zunge an der Zitrone und spüren den sauren Geschmack in Ihrem Mund. Und jetzt beißen Sie einmal so richtig in das Zitronenfleisch hinein. Oh, das Wasser läuft Ihnen im Mund zusammen und Sie schütteln sich vielleicht. Kommen Sie nun wieder zurück ins Hier und Jetzt.

 

Was ist passiert?

Wahrscheinlich ist Ihnen schon beim Gedanken an die Zitrone das Wasser im Mund zusammengelaufen. Es hat sich mehr Speichel gebildet, vielleicht haben Sie sich sogar geschüttelt. Doch wie kann das sein? Da war doch gar keine richtige Zitrone.

Sie haben wahrscheinlich schon einmal in Ihrem Leben eine Zitrone probiert. Sie wissen also, wie sie schmeckt, wissen, dass sie sauer ist. Und irgendwann haben Sie einer Zitrone eine Bewertung gegeben.

Entweder die Zitrone war Ihnen zu sauer, dann kommen Gedanken: „Eine Zitrone schmeckt mir nicht, da schüttelt es mich, den Geschmack einer Zitrone finde ich eklig!“

Oder aber Sie fanden den Geschmack einer Zitrone toll, dann kommen Gedanken: „Oh, schön sauer, das schmeckt mir, ich liebe Zitronen!“.

Diese Bewertungen kommen dann blitzschnell, innerhalb von einer 3tausendstel Sekunde. Und das geht natürlich so schnell, dass Sie davon nichts mitbekommen.

Das Limbische System, das in Ihrem Säugetiergehirn beheimatet ist, reagiert jetzt. Je nachdem welche Bewertung Sie der Zitrone einmal gegeben haben, schickt es eine Botschaft an das Reptiliengehirn, über bestimmte Drüsen Hormone auszuschütten.

Entstehen im Limbischen System positive Gefühle, werden „Glückshormone“ Endorphine und Serotonin ausgeschüttet und oben im Neocortex kommen gute und positive Gefühle an und es geht Ihnen gut.

Entstehen im Limbischen System allerdings negative Gefühle, weil negativ bewertet wurde, werden „Stresshormone“ ausgeschüttet und dem Cortex wird die Energie entzogen, es geht Ihnen nicht gut.

Das Gehirn kann also im ersten Moment nicht unterscheiden, ob Sie tatsächlich in eine Zitrone beißen oder ob das in Ihrer Fantasie geschieht. Ihr Gehirn produziert Speichel.

Jetzt war das ja nur eine „Zitrone“. Aber Sie haben gesehen, Ihr Gehirn reagiert.

Und genauso ist es bei Ihrem Kind. Stellen Sie sich mal vor, Ihr Kind denkt vor einer Arbeit oder Prüfung „Hoffentlich kann ich das!“, „Ich kann das Thema bestimmt nicht!“, „Ich schreib bestimmt wieder eine 5!“, „Arbeiten schreiben ist doof! Ich bin ja immer so aufgeregt!“, „Ich habe Angst vor der Arbeit!“, „Ich falle bestimmt wieder durch!“.

Was denken Sie passiert? Ihr Kind bekommt Angst, Panik, Stress. Es zittert, reagiert mit Kopf- oder Bauchschmerzen, schwitzt, hat Herzklopfen. Es braucht nur an die Arbeit zu denken und schon ist das Reptiliengehirn in Alarmbereitschaft und befiehlt Flucht. Wie zuvor erwähnt, ist das Reptiliengehirn zuständig für den Überlebenstrieb.

Und gehen wir mal zurück in die Zeit, wo wir Urmenschen waren. Als der Mensch aus seiner Höhle herausging, um Nahrung zu sammeln und plötzlich der Säbelzahntiger um die Ecke kam. Das Gehirn signalisiert sofort Alarmbereitschaft – Kampf oder Flucht!

Und bei Prüfungsangst reagiert das Gehirn noch genauso wie damals. Es weiß in dem Moment nicht, dass es „nur“ eine Arbeit oder eine Prüfung ist.

Prüfungsangst hat also mit den Gedanken Ihres Kindes und mit seiner negativen Erwartungshaltung zu tun.

Damit eben Lernen, Arbeiten schreiben, Prüfungen bestehen, gut funktionieren, Ihr Kind ruhig und gelassen sein kann, ist es also wichtig, dass sich im Limbischen System keine negativen Gedanken und Gefühle ausgebreitet haben.

 

Hier ein paar Tipps, wie Sie Ihrem Kind helfen können, gegen die Prüfungsangst anzugehen:

 

  • Nehmen Sie Ihr Kind auf alle Fälle ernst. Wenn Ihr Kind mit Prüfungsangst zu tun hat, dann tun Sie das nicht ab. Zeigen Sie Verständnis, wenn die Arbeit nicht so gut war, weil Ihr Kind aufgeregt war. Erforschen Sie, wie Prüfungsangst bei Ihrem Kind aussieht. Was es spürt, was es denkt, wie es ihm geht. Ihr Kind fühlt sich verstanden und ernst genommen. Mama/Papa sind da und helfen mir.
  • Dann machen Sie Ihrem Kind bewusst, dass es seine Gedanken sein können, die seine Prüfungsangst verursachen. Sätze, wie: „Ich kann das nicht!“, „Ich schaffe das nicht!“, „Ich schreibe bestimmt wieder eine schlechte Note!“, „Ich werde bestimmt durchfallen!“ sind nicht sehr hilfreich. Machen Sie einmal die Zitronenübung mit Ihrem Kind, damit Ihr Kind spürt, was da im Gehirn passiert.
  • Finden Sie heraus, welchen negativen Gedanken Ihr Kind hat und wandeln sie um, in positive und stärkende Sätze.
  • Lassen Sie Ihr Kind jeden Tag positive und erfolgsfördernde Sätze sagen. Je öfter das Gehirn Ihres Kindes positive Sätze hört, je schneller wird es Ihrem Kind auch gelingen, bei einer Arbeit oder einer Prüfung ruhig und gelassen zu sein! Sätze, wie: „Ich schaffe das!“, „Ich bin ruhig und gelassen bei der (z.B.) Mathearbeit!“, „Ich bin gut vorbereitet und ich weiß, dass ich das kann!“, „Ich kann mich bei Arbeit gut konzentrieren und bleibe ganz entspannt!“.
  • Machen Sie mit Ihrem Kind Atemübungen. Mit Atemübungen, speziell mit der Bauchatmung, kommt das Gehirn in einen entspannten Zustand und der „Stresszustand“ im Körper reduziert sich.Ihr Kind soll sich hierfür auf einen Stuhl setzen, die Augen schließen und seine Hände auf den Bauch legen. Nun bitten Sie Ihr Kind, tief in den Bauch einzuatmen, sodass sich der Bauch beim Einatmen wölbt und beim Ausatmen wieder senkt. Ihr Kind spürt die Atembewegung auch über seine Hände. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind langsam ein- und ausatmet und nach der Ausatmung eine kleine Pause macht, bis es erneut einatmet. Beim Ausatmen soll Ihr Kind denken: „Ich bin gaaaanz ruhig!“. 

    Die Bauchatmung muss Ihr Kind erst einmal lernen. Am Anfang kann es schwer sein, in den Bauch zu atmen. Meist atmen Kinder und auch Erwachsene sehr flach, das heißt nur in den Brustkorb. Vor allen Dingen unter Stress, atmet der Mensch flacher. Diese tiefe Bauchatmung allerdings wirkt dem Stress  entgegen.Wenn Ihr Kind das gelernt hat, kann es in der Schule diese Atmung nutzen, um sich vor aber auch während der Arbeit in einen ruhigen und entspannten Zustand zu bringen.

  • Lassen Sie Ihr Kind rechtzeitig mit dem Lernen beginnen. Machen Sie einen Plan. So kommt Ihr Kind nicht in „Zeitnot“. Ihr Kind muss lernen in kleinen Häppchen zu lernen und dieses dann zu wiederholen. Es kann sich so Dinge besser behalten, wie wenn es alles auf einmal lernt.
  • Achten Sie auch darauf, dass Ihr Kind nicht zu lange Lerneinheiten macht und auch ausreichend Pausen hat. Ihr Kind kann sich höchstens Alter x 2 gut konzentrieren.

Wenn Sie diese Tipps mit Ihrem Kind immer wieder umsetzen, dann hat Prüfungsangst keine Chance!